Ein Foto und seine Geschichte
„Einfach abgeblubbert wären wir ohne ihn“, sagt Ute Wilhelms. Die blonde Frau steht neben ihrem Retter Klaus-Peter Behrens im Jenischpark – genau an der Stelle, wo vor über 50 Jahren der Hubschrauber mit ihr und ihm an Bord landete. Doch an die Ereignisse damals kann sich Ute Wilhelms nicht erinnern. Nicht an die gigantische Überflutung, nicht daran, wie sie als Kleinkind mit der Oma vom Hausdach in den Helikopter gezogen wurde, nicht an das Chaos um sie herum am 17. Februar 1962 in Hamburg.
Ute Wilhelms war noch zu klein, knapp zwei Jahre alt. Nur das Tuch, in das sie eingewickelt war, fühlt sie heute noch. „Diese Decke kratzte fürchterlich.“ Klaus-Peter Behrens hingegen wird diesen Tag nie vergessen. „Dort haben wir die Toten abgelegt“, erklärt er und zeigt auf einige Rhododendronbüsche. Als einer von 1.000 DRK-Helfern war Klaus-Peter Behrens bei der Hamburger Flutkatastrophe von 1962 im Einsatz. So wie Ute Wilhelms und ihre Oma holte Behrens viele Menschen von den Dächern ihrer Häuser: „Wir haben einfach zugegriffen, wir dachten nur: helfen, helfen, helfen.“ Als Behrens der geschwächten Großmutter nach der Landung im Jenischpark das Baby abnahm, drückte ein Fotograf auf den Auslöser. Das Bild wurde berühmt. Doch Klaus-Peter Behrens und Ute Wilhelms verloren den Kontakt. Bis zum 40. Jahrestag der Flutkatastrophe im Jahr 2002. Als Zeitungen und Fernsehsender das Foto veröffentlichten und einen Suchaufruf starteten, meldeten sich beide in den Redaktionen und vereinbarten ein Wiedersehen. Ute Wilhelms denkt heute oft über ihre Rettung und die Zufälle im Leben nach. Denn noch ein anderes wichtiges Ereignis ist für sie mit dem Datum der Elbeflut eng verbunden. Auf den Tag genau 28 Jahre danach wurde ihre Tochter Melanie geboren.
Rainer Barthel
Diese Geschichte von Klaus-Peter Behrens und Ute Wilhelms bildet eines von vielen Kapiteln in der Fotoausstellung „Beständig im Wandel – 150 Jahre Rotes Kreuz Hamburg“.