Erinnerungen an die Hamburger Sturmflut
"Das war das Schlimmste, was ich je erlebt habe"
Von einem amerikanischen Hubschrauber aus rettete der Wandsbeker Rotkreuz-Helfer Erich Tippach im Februar vor 50 Jahren Sturmflutopfer aus Kirchdorf. Der Ehrenamtliche ist heute noch immer im Roten Kreuz Wandsbek aktiv. Eine Sonderausstellung im Auswanderermuseum Ballinstadt auf der Veddel stellt seinen Einsatz während der großen Flut in Hamburg dar.
Seit fast 60 Jahren ist Adolf-Erich Tippach bereits beim Hamburger Roten Kreuz. Mit 17 ist er in den Kreisverband Wandsbek eingetreten. Seitdem hat er als Ehrenamtlicher viel gesehen, bei der Blutspende, der Obdachlosenhilfe, dem Seebäderdienst, den Jugendfreizeiten, der Autobahnrettung und anderen Diensten. Die Unfälle im Straßenverkehr waren schwer zu ertragen, aber einen Einsatz wird der 76-Jährige niemals vergessen: Die Hamburger Sturmflut im Februar 1962. „Das war das Schlimmste, was ich je erlebt habe“, sagt der 76 Jahre alte Pensionär heute und erinnert sich: „Am späten Nachmittag kam jemand vom Kreisverband vorbei und meldete Katastrophenalarm“. Wenige Stunden später wurde er mit dem Auto in das Wandsbeker DRK-Haus gefahren. Zu dem Zeitpunkt hatte der 25-jährige Sanitäter und Rettungsschwimmer keine Vorstellung davon, was auf ihn zukommen würde. Er verabschiedete sich kurz von Frau und Kind und stieg in den Wagen. Erst 14 Tage später sollte er sie wiedersehen. Tippach, ausgebildeter Rettungsschwimmer, wurde auf einem US-amerikanischen Hubschrauber eingesetzt. Er war derjenige, der auf die Dächer ging. Sein Einsatzgebiet war Kirchdorf. Eine Woche lang flog seine Crew drei bis vier Einsätze pro Tag, mehr ging wegen der Dunkelheit nicht. Sturm und Regen peitschten so heftig, dass der Hubschrauber sich kaum an einer Stelle halten konnte. Der Ehrenamtliche ließ sich also am Seil hinab, half dann vor allem Frauen und Kindern zur Rettung in die Trage-Schlaufe: „Die Finger waren so klamm gefroren, dass man sich kaum festhalten konnte.“ Tippach blieb auf dem Dach, während die amerikanische Besatzung die einzelnen Flutopfer hochzog. Drei Personen wurden pro Flug gerettet, mehr passten nicht in die Maschine. Zum Teil harrte Adolf-Erich Tippach bei den Hinterbliebenen aus, bis seine Kameraden wieder zurückkehrten. Tippach: „Es war kalt, es war schlimm, wir hatten Angst“. An die Opfer erinnert er sich auch heute noch bildhaft: „Die Männer wollten zum großen Teil nicht mit, sie wollten ihr Hab und Gut retten. Sie schickten ihre Frauen und Kinder los, aber nach zwei bis drei Tagen gelang es mir, einige zu überreden mitzukommen.“ Rund 50 Menschen rettete der Rotkreuz-Helfer Tippach das Leben. Danach half er in den Notunterkünften, kochte Kaffee, verteilte Kleidung sowie Essen und half in der Logistik. Eine Sonder-Ausstellung zur Flut im Auswanderermuseum Ballinstadt auf der Veddel in Hamburg dokumentiert dies eindrucksvoll. Auch eine umfangreiche Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte widmet sich dem Thema und dem Einsatz ehrenamtlicher Helfer gestern und heute.
Weitere Informationen auch unter:
www.drk-hamburg.de sowie unter www.ballinstadt.de und http://sturmflut.hamburg.de/programm/
Gerne vermitteln wir bei Interesse den Kontakt zu Familie Tippach. Zudem können wir bei Bedarf für ihre Berichterstattung honorarfrei historisches Bildmaterial anbieten. Bei Fragen erreichen Sie die Pressestelle des DRK-Landesverbandes Hamburg unter Telefon 040/ 55420–150.